Die neue Hinweisgeberschutz-Richtlinie – Was jetzt für Sie wichtig ist!
Die Europäische Union hat mit der Hinweisgeberschutz-Richtlinie (EU 2019/1937) die Mitgliedstaaten gesetzlich zum Schutz von Hinweisgebern („Whistleblowern“) verpflichtet. Spätestens zum 17. Dezember 2021 werden viele deutsche Unternehmen verpflichtet sein, interne Meldekanäle für(anonyme) Hinweisgeber einzurichten.
Betroffen sind
- Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern,
- Unternehmen, die im Bereich der Finanzdienstleistungen tätig sind,
- Unternehmen ab 10 Mio. Euro Umsatz und
- Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern.
Diese neue Richtlinie wird viele Unternehmen vor neue und bisher unbekannte Herausforderungen stellen. Bei Verstößen drohen nicht nur hohe Bußgelder, sondern eventuell auch Reputationsschäden. Die Unternehmen werden darum werben müssen, dass interne Angelegenheiten zunächst auch intern bleiben. Dies wird aber nur gelingen, wenn ein professionelles Hinweisgeber-Management eingeführt wird, bei dem die Meldungen von qualifizierten Mitarbeitern bearbeitet werden.
Mit der Hinweisgeberschutz-Richtlinie wird den Hinweisgebern erstmalig und ausdrücklich vor jeglicher arbeitsrechtlicher Benachteiligung schützen, wenn er Verstöße im Zusammenhang mit Verbraucher- und Datenschutz, öffentlichem Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche, Produkt- und Verkehrssicherheit, nuklearer Sicherheit oder öffentlicher Gesundheit meldet.
Dies sind aber nur die Mindestvorgaben der EU. Der deutsche Gesetzgeber kann seinen nationalen Katalog beliebig auf weitere Tatbestände ausdehnen. Mit den ersten Ergebnissen zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht wird im Herbst 2020 zurechnen sein.
Fest steht bereits, dass es hohe Bußgelder nach sich ziehen wird, wenn Unternehmen die Verpflichtung zur Einführung eines Hinweisgeber-Managements ignorieren oder sie mit den erhaltenen Hinweisen nicht sachgerecht umgehen. Der Regierungsentwurf mit dem schwerfälligem Namen „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ wird Unternehmen bei Verstößen mit bis zu max. 10% ihres Gesamtumsatzes sanktionieren können, wenn sie Compliance- und Aufklärungsbemühungen nicht nachkommen.
Hinweise ignorieren oder zu vertuschen versuchen, wird damit in Zukunft nicht mehrmöglich sein. Die Anforderungen an den Daten- und Geheimhaltungsschutz sind hoch, außerdem sind Hinweisgeber in fest vorgeschriebenen Abständen über den Stand der Untersuchungen zu informieren.
Der Druck auf ein professionelles Hinweisgeber-Management wächst damit enorm und wird zweifelsohne einen Qualitäts-Wettbewerb auslösen. Unternehmen, die sich dem nicht stellen, können sich schnell mit negativen Schlagzeilen in der Öffentlichkeitkonfrontiert sehen. Der Gesetzgeber wird es dem Hinweisgeber zukünftig freistellen, ober den eigenen unternehmensinternen Meldekanal wählt oder er sich für eine sog. „externe Meldestelle“ entscheidet. Diese „externen Meldestellen“ werden durch den Gesetzgeber bestimmt.
Dies können z.B. Behörden, Verbände oder Gewerkschaften sein. Egal, welchen Kanal der Hinweisgeber wählt, sein arbeitsrechtlicher Schutz vor jeglicher Benachteiligung bleibt in beiden Fällen gewahrt.
Aber das ist noch längst nicht alles: Die Richtlinie sieht auch vor, dass sich der Hinweisgeber bei einer schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen gleich und direkt an die Öffentlichkeit wenden darf. Auch bei dieser Eskalationsstufe wird er vom Schutz der Richtlinie profitieren.
Deshalb liegt es im eigenen Interesse der Unternehmen, den potentiellen Hinweisgeber möglichst nur für die Nutzung deseigenen Meldekanals zu gewinnen.
Die Botschaft muss daher lauten: „WIR kümmern uns um Ihr Anliegen!“ Fühlen sich Hinweisgeber nicht ernst genommen, werden sie schnell das Vertrauen in die eigene, interne Meldestelle verlieren. Auch aus diesem Grund braucht es ein Qualifikationsniveau, das mit dem der „externen Meldestellen“ zumindest vergleichbar, wenn nicht sogar besser ist.
Hinweisgeber haben oftmals Angst vor Konsequenzen und scheuen die offene Kooperation. Allerdings sind die Informationen aus ihren Hinweisen der Initiator für Ermittlungen. Je korrekter und relevanter diese Informationen sind, desto besser und schneller führen die Ermittlungen zum Ziel. Daher ist der richtige Umgang mit dem Hinweisgeber der Schlüssel zum Erfolg.
Unternehmen werden einen ganz kleinen Kreis von Mitarbeitern benennen müssen, die abgeschirmt mit dem Hinweisgeber in Kontakt stehen. Sie werden mit ihm kommunizieren, ihm die Angst vor Repressalien nehmen, von ihm weitere nötige Informationen abfordern, ihn zu weiterer Kooperation ermutigen, die Glaubhaftigkeitseiner Angaben verifizieren und ihn regelmäßig über den Stand der Ermittlungen informieren müssen.
Dazu braucht es allerdings psychologisches und rechtliches Spezialwissen.
Viele Fragen sind aktuell noch offen. Doch Unternehmen sollten frühzeitig damit beginnen, sich auf das Inkrafttreten der Richtlinie vorzubereiten und ihr internes Hinweisgeber-Management aufzubauen.